Glück und Wandel
In Zeiten wie diesen stellt sich die Frage nach dem Glück auf ganz neue Weise.
Was bedeutet es, glücklich zu sein, wenn die Welt sich so spürbar verändert?
Wenn Unsicherheit zum täglichen Begleiter wird, wenn politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Spannungen die gewohnten Sicherheiten infrage stellen – wo finden wir dann Orientierung, Ruhe, Freude?
Früher haben wir Glück vielleicht mit Momenten der Leichtigkeit verbunden. Mit einem gelungenen Tag, einem schönen Erlebnis, einem Zustand, in dem alles zu stimmen scheint. Doch in einer Zeit, in der vieles ins Wanken gerät, zeigt sich: Glück hat weniger mit äußeren Bedingungen zu tun als mit innerer Übereinstimmung.
Glück ist kein Belohnungsystem
Glück ist kein Belohnungssystem für das richtige Leben. Es ist eine organische Kraft, eine Qualität, die dann spürbar wird, wenn wir aufhören, gegen uns zu leben. Wenn wir Entscheidungen treffen, die mit unserem Innersten übereinstimmen. Wenn wir in Resonanz sind mit dem, was uns wirklich entspricht.
Gerade in Zeiten von Krisen und Wandel braucht es diese Rückverbindung nach innen. Es braucht die Erinnerung daran, dass wir nicht machtlos sind – auch wenn wir nicht alles kontrollieren können. Dass wir Einfluss nehmen können auf das, was in uns geschieht. Auf unsere Haltung. Auf die Art, wie wir uns
selbst begegnen.
Viele erleben derzeit tiefe Schwellenzeiten. Alte Gewissheiten lösen sich auf, neue Wege sind noch nicht sichtbar. Diese Übergänge fühlen sich oft unbequem an – weil wir sie nicht planen können. Weil sie uns in unsere Verletzlichkeit führen. Doch genau dort beginnt eine neue Form von Kraft. Eine stille, tragende Kraft. Und manchmal zeigt sich genau in dieser Offenheit ein anderer Zugang zum Glück: kein Hochgefühl, kein Ziel, sondern ein inneres "Ja" zu dem, was ist.
Glück in dieser Zeit
Glück in dieser Zeit heißt vielleicht: Ich bin mit mir in Verbindung, obwohl ich keine Sicherheit habe. Ich halte inne, auch wenn alles schneller wird. Ich sage "Ja" zu dem, was ich fühle – und höre auf, mich selbst zu überfordern. Glück heißt: Ich bin bereit, mich berühren zu lassen, ohne mich zu verlieren.
Und genau das ist heute so entscheidend: Dass wir lernen, uns selbst wieder als Quelle zu erleben. Nicht als Konzept. Sondern als gelebte Erfahrung. Es braucht Räume für Stille. Für Reflexion. Für echtes Spüren. Nur wenn wir uns selbst wieder hören, können wir uns auch wieder vertrauen.
Glück ist nicht laut. Es zeigt sich oft in den kleinen Momenten: im Atmen, im bewussten Schritt durch den Wald, im ehrlichen Gespräch. In der Fähigkeit, da zu bleiben, wo es unbequem wird. Und darin, nicht ständig das Außen zu verbessern – sondern sich dem Innen zuzuwenden.
Glück als Ausdruck
Vielleicht ist es genau das, was wir gerade kollektiv lernen: Dass Glück keine Flucht ist, sondern ein Ausdruck von Wahrhaftigkeit. Dass wir nicht warten müssen, bis die Welt heil ist – um ein heiles Leben zu führen. Dass wir im Kleinen, im Jetzt, im Echten eine neue Qualität entdecken können.
Wenn wir beginnen, unser inneres Wissen wieder ernst zu nehmen – jenseits von Beweisen, jenseits von Logik –, dann wächst etwas in uns, das uns auch in stürmischen Zeiten trägt. Und vielleicht ist das der eigentliche Kern des Glücks: nicht das, was wir erreichen. Sondern das, was wir sind, wenn wir nicht mehr gegen uns leben.
Ein paar Impulse zum Weiterdenken:
• Wo in meinem Leben spüre ich gerade Übergang, Unsicherheit oder Bruch?
• Was würde sich verändern, wenn ich diese Phase nicht als Problem, sondern als Schwelle sehen würde?
• Was in mir weiß längst, was gut für mich wäre – auch wenn mein Kopf es noch nicht erklären kann?
• Welcher Moment heute hat mir gezeigt, dass ich lebendig bin – ganz unabhängig von äußeren Umständen?
Glück ist nicht das Ziel...?
Glück ist nicht das Ziel. Es ist die Resonanz, die entsteht, wenn wir mit uns selbst im Einklang sind. Gerade jetzt.
Und wenn ich ehrlich bin: Ich habe lange gedacht, dass Glück etwas ist, das ich erst erreichen muss. Dass ich erst alles in mir sortieren, klären, heilen müsste, bevor ich mich wirklich glücklich fühlen darf. Aber das Leben hat mir etwas anderes gezeigt. Dass Glück nicht darauf wartet, dass alles perfekt ist. Sondern dass es manchmal in den Momenten auftaucht, in denen ich einfach da bin. In all dem Unfertigen. Inmitten des Chaos. Mit zitternden Händen und offenem Herzen.
Vielleicht ist Glück auch, sich einzugestehen, dass man nicht alles weiß – und trotzdem weitergeht. Oder die Entscheidung, bei sich zu bleiben, selbst wenn die Welt laut ist. Vielleicht ist Glück: Innehalten. Hinspüren. Sich selbst nicht mehr verlassen.
Ich glaube, das ist es, worauf es heute ankommt. Dass wir aufhören, Glück mit Kontrolle zu verwechseln. Und anfangen, es als lebendige Kraft zu begreifen – die in uns wirkt, wenn wir aufhören, uns gegen uns selbst zu wenden.
Für mich bedeutet das: nicht mehr ständig an mir zu zweifeln, nicht alles zu zerdenken, sondern mich zu fragen: Was stimmt heute für mich? Was fühlt sich echt an – nicht für die anderen, sondern für mich? Und das dann zu leben
Schritt für Schritt. Mitten im Leben.
Und vielleicht magst du dir zum Abschluss eine Minute ganz für dich nehmen.
Schließe die Augen, lege die Hand auf dein Herz und atme bewusst ein und aus. Spüre deinen Körper, deinen Atem, deinen Platz im Hier und Jetzt. Ohne etwas zu verändern, ohne etwas tun zu müssen. Nur du – in Kontakt mit dir.
Manchmal beginnt genau hier eine neue Erfahrung von Glück: wenn wir nichtmehr nach etwas greifen, sondern uns selbst erlauben, ganz da zu sein. Auch mitten in der Unsicherheit. Auch wenn nichts gelöst ist.
Wenn dich dieses Thema bewegt oder du deine eigene Schwellenzeit nicht alleine gehen möchtest, begleite ich dich gerne.
Du findest auch eine begleitende Podcastfolge zu diesem Beitrag – zum Innehalten, Nachspüren und Weiterdenken – in meinem Podcast »Chimana – verwurzelt. bewusst. wachsend.« hier über meine Webseite.
Von Herz zu Herz
Dorothea
Instagramm: @dorothearupprecht